Online-Stammtisch der AG Offene Hochschulen am 04.06.2024

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Online-Stammtisch zum Thema „Studieren ohne Abitur – wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen"

Rückblick

Lohnt sich ein Studium ohne Abitur?

Einblicke aus Theorie und Praxis vom Stammtisch Offene Hochschule.

Die Möglichkeit ohne eine klassische (Fach)Hochschulreife zu studieren, ist Personen aus dem Hochschul- und Universitätskontext und insbesondere dem DGWF-Umfeld hinlänglich bekannt. Ob und inwieweit sich eine Weiter- und Höherqualifizierung in finanzieller und persönlicher Hinsicht lohnt und welche Auswirkungen dies auf die Studienorganisation hat, war Thema des Stammtisches der Offenen Hochschule am 4. Juni 2024.

Der OH-Stammtisch wird regelmäßig zu einem bestimmten Thema von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Offene Hochschule organisiert. Moderiert von Malgorzata Karpinska von der kfsn und Andreas Dörich von oncampus GmbH der Technische Hochschule Lübeck stand der Austausch diesmal im Zeichen der Begegnung der Theorie und Praxis: Dr. Jessica Ordemann von dem DZHW präsentierte die im Rahmen ihrer Dissertation erhobenen Daten und erarbeiteten Ergebnisse zur Frage „Lohnt sich ein Studium ohne Abitur?“, während Christiane Priester als Absolventin mehrerer Studiengänge ohne (Fach-)Abitur von ihren Erfahrungen als Studentin berichtete.

Frau Ordemann beleuchtet vor allem die wirtschaftlichen Erträge von Absolvent*innen ohne Abitur anhand von Zahlen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Die erhobenen Ergebnisse seien positiv zu deuten: Ein Fachhochschulabschluss lohne sich, da beispielsweise Doppelabsolvent*innen mit Bachelorabschluss verglichen mit traditionellen Berufsabschlüssen mehr verdienen. Aber auch in anderen Bereichen bringt ein Studium für berufsqualifizierte Menschen viele Vorteile. Neben einem höheren Einkommen und einer höheren Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Kombination aus Berufserfahrung und akademischen Studium öffnen sich durch einen Hochschulabschluss auch mögliche Türen für eine weitere Bildungskarriere, beispielsweise in die Wissenschaft.

Warum studieren berufsqualifizierte Menschen?

Trotz der genannten Vorteile stellt sich die Frage, was eine*n Arbeitnehmer*in konkret dazu bewegt, den Arbeitsmarkt teilweise oder komplett zu verlassen und einen Hochschulabschluss anzustreben. Eine persönliche Antwort auf diese Frage gab Christiane Priester, die von ihrem beruflichen und akademischen Werdegang in der Praxis berichtete.

Die gelernte Krankenschwester befand sich 2013 nach 20 Jahren Berufspraxis aus gesundheitlichen Gründen in einer Situation, die eine Neuorientierung notwendig machte. An ein Studium dachte die damals 44-jährige zu Beginn noch nicht, zumal ihr auch das Abitur fehlte. Erst nach einiger Recherche und mehreren Gesprächen erfuhr sie durch die Studienberatung der Universität Vechta von ihrer Hochschulzugangsberechtigung durch die sogenannte „3+3-Regelung“. Ermutigt durch einen Schnuppertag an der Hochschule begann Frau Priester schließlich 2013 parallel zu ihrer Berufstätigkeit ein Vollzeitstudium an der Universität Vechta.

Gesundheitliche Gründe sind aber nicht die einzigen Motive für die berufliche Weiterqualifizierung von Christiane Priester. „Ich habe damals als Koordinatorin im familienentlastenden Bereich in der Pflege gearbeitet. Trotz meiner langjährigen Berufserfahrung habe ich immer wieder gemerkt, dass meine Meinung nicht gezählt hat – ich bin an eine gläserne Decke gestoßen“ erzählt Frau Priester. Ein Studium bot ihr die Möglichkeit, diese Hürden durch Höherqualifizierung zu überwinden. Ähnliche Ergebnisse zeigt auch die Analyse von Frau Ordemann: ein Hauptgrund für ein späteres Studium berufsqualifizierter Menschen ist oft der Anreiz, sich beruflich weiterzuentwickeln.

Ein Studium neben dem Beruf stellt Studierende vor große Herausforderungen. Zeitdruck durch Dreifachbelastung, da oft auch familiäre Verpflichtungen neben der Arbeit zu leisten sind, machen das Studium zu einer enormen Belastungsprobe. „Ich habe oft gehört: das geht doch gar nicht. Zu studieren und nebenbei noch 30 Stunden zu arbeiten. Da habe ich dann gedacht: doch, das geht“ beschreibt Frau Priester ihre Erfahrungen im Stammtisch. Auch die Daten aus der Studie von Frau Ordemann bestätigen das. Häufig absolvieren die Studierenden aufgrund der Doppel- bzw. der Dreifachbelastung „nur“ den Bachelor, ohne den konsekutiven Master mit anzuhängen. Christiane Priester ist hier die Ausnahme: Nach ihrem Bachelor in Sozialer Arbeit absolvierte sie berufsbegleitend zwei weitere Masterstudiengänge. Ihre aktuelle Tätigkeit als Geschäftsführerin zeigt, dass die Weiterqualifizierung durch ein Studium für sie der richtige Weg war.

Lohnt es sich?

„Natürlich, es lohnt sich“ sind sich Frau Ordemann und Christiane Priester am Ende des Austausches einig. „Ein Studium ohne Abitur lohnt sich. Es ist mutig, diese Entscheidung zu treffen. Vor allem, wenn man sich in einem höheren Alter mit den dort vorherrschenden familiären und beruflichen Verpflichtungen wissentlich dafür entscheidet“ so Frau Dr. Ordemann. Christiane Priester ergänzt: „Ich bin auch schon stolz darauf. Wie besonders mein beruflicher Werdegang ist, bekomme ich oft gespiegelt.“

Wir bedanken uns bei Frau Ordemann und Frau Priester für den interessanten Austausch zum diesmaligen Stammtisch und wünschen ihnen weiterhin beruflich und privat alles Gute!

Wenn Sie an weiteren Veranstaltungen interessiert sind und in unseren Mailverteiler aufgenommen werden wollen, melden Sie sich gerne bei uns unter: ag-oh@dgwf.net.

Celine Lippmann und Malgorzata Karpinska

Links

Foto: Dr. jessica Ordeman
Bildrechte: DZHW
Foto: Christiane Priester
Lydia Baitinger – Fotografie